Neubau Wohnanlage mit Gewerbeeinheiten am Seffenter Weg
Aachen, DE
Klimaanpassung und Klimaschutz im Städtebau sind grundlegend für eine lebenswerte zukünftige Entwicklung.
Dem wird durch den vollständigen Erhalt des wertvollen Baumbestandes, der Stärkung und Erweiterung der naturräumlichen Qualitäten durch eine konsequente Begrünung von Dächern und Fassaden sowie durch eine lockerere Anordnung der Gebäude und der dadurch entstehenden differenzierten Freiräume und optimalen Durchlüftung Rechnung getragen.
Dabei liegt der Fokus auf einer auf das notwendige Minimum reduzierten Versiegelung bei Erreichung einer hohen Wohndichte und einer quartiersfördernden, belebten Erdgeschosszone in Verbindung mit einer für den Ort angemessenen Geschossigkeit und einer hohen architektonischen Qualität.
Holz als nachwachsender Rohstoff, eine CO2 freie Energieerzeugung, eine kompakte und damit energieoptimierte Bauweise und ein hoher Vorfertigungsgrad stellen einen wirksamen Beitrag zum klimagerechten Bauen dar.
Die Gliederung in vier Baukörper erlaubt eine Anpassung des Wohnungsangebots an eine veränderte Nachfrage und ermöglicht eine abschnittsweise Realisierung unter der Berücksichtigung des schrittweisen Umzuges der ansässigen Bewohner.
Ziel der Gebietsentwicklung ist es, die bestehenden Freiräume zu stärken und die Idee der maßstäblichen Stadt des nachbarschaftlichen Miteinanders zu fördern.
Die Baukörper des neuen grünen Wohnquartiers fügen sich behutsam unter Wahrung des zum Teil imposanten und vitalen Baumbestandes in die offene Wiesenlandschaft ein. Ihre Form folgt den Linien der Bäume, wodurch die Bäume und Gebäude raumbildend in Bezug zueinander gesetzt werden.
Ein vielfältiges Angebot an Freiräumen wie begrünte Innenhöfe, Dachterrassen und Dachgärten, gemeinschaftlich nutzbare Grünflächen und Gärten zwischen den Gebäuden sowie der große neu gestaltete Spielplatz im „kleinen Wäldchen“ schaffen attraktive Begegnungsmöglichkeiten zur Förderung der nachbarschaftlichen Kontakte. Die Gebäude und Freiflächen bilden eine soziale Skulptur, die von den Bewohnern als Ganzes genutzt werden kann.
Auch die Wohnungen entlang der Laubengänge sind so konzipiert, dass die Möglichkeit zur Kommunikation zwischen den Bewohnern besteht: Durch großzügige, öffenbare Verglasungen an den Küchen und Wohnzimmern, verbunden mit einem steuerbaren Sichtschutz, kann zwischen der vollständigen Privatsphäre über die rein visuelle bis hin zur direkten Kommunikation gewählt werden.
Die Erdgeschosszone der Gebäude erweitert das Angebot zur Förderung der Interaktion innerhalb der Bewohnerschaft und des Quartiers. Hier finden sich verschiedene Einrichtungen wie ein Gastronomiebetrieb, kleine Gewerbebetriebe wie eine Bäckerei und ein kleiner Verkaufsladen, ein Repaircafé sowie Angebote für Coworking-Arbeitsplätze und ein flexibel nutzbarer Gemeinschaftsraum.
Damit die Erdgeschosszone als Katalysator für das gesamte umgebende Quartier funktioniert, wird die ‘Schwelle' zwischen dem Seffenter Weg und der neuen Bebauung reduziert. Es wird vorgeschlagen, die öffentlichen Parkplätze am Seffenter Weg zu Lade- und Kurzhaltezonen, verbunden mit barrierefreien Parkplätzen, umzunutzen. Durch einheitliche Beläge auf den Vorplätzen und öffentlichen Gehwegen sowie die Einbeziehung und Vergrößerung der Baumscheiben im Straßenraum wird eine attraktive zusammenhängende Fläche mit hoher Aufenthaltsqualität geschaffen und zugleich Retentionsraum bei Starkregenereignissen.
Das Projekt im Gesamten zielt auf die Fähigkeiten, zukünftigen progressiven Klimazyklen und deren Hitzeperioden wie auch Stark- und Dauerregenereignissen standzuhalten und diese gut bewältigen zu können. Steigende Biodiversität und Förderung der Artenvielfalt sind floristisch-faunistische und sukzessive Entwicklungsprozesse, die aus dem Gesamtkonzept um das klimaanthropogene Wohnen resultieren.
GEBÄUDEKONSTRUKTION UND AUSBAU
Aufgrund der Anforderungen nach einer energiesparenden Bauweise sowie einer hohen energetischen Qualität der Gebäude und dem allgemeinen Ziel, einen möglichst hohen Anteil an nachwachsenden Rohstoffen zu verwenden, wird vorgeschlagen, die Gebäude in Konstruktion und Ausbau größtenteils aus Holz herzustellen.
GEBÄUDEHÜLLEN
Die geplante Holzbauweise erfüllt hohe Dämmstandards, wodurch eine effiziente winterliche Wärmedämmung gewährleistet ist. Eine hinterlüftete Fassade in Verbindung mit außen liegendem Sonnenschutz sorgt für einen effektiven sommerlichen Wärmeschutz. Zudem verbessern begrünte Dachflächen in Kombination mit Photovoltaikanlagen und die Fassadenbegrünung den sommerlichen Wärmeschutz.
FASSADENBEGRÜNUNG
Die Nutzung großer Teile der Wohngebäudefassaden für die Fassadenbegrünung wirkt sich positiv auf das Mikroklima, die Wärmedämmung, den Schallschutz, die Luftqualität, die Biodiversität und die Lebensdauer der Gebäudehüllen aus.
Die Fassadenbegrünung, in Kombination mit Stahlseilen als Rankhilfen, integriert die vorstehenden Erkerfenster und Balkonplatten, indem sie bündig mit deren Vorderkante installiert wird. Dadurch entsteht eine optisch tiefere, doppelte Fassade, die optimale Bedingungen für das Wachstum und die Entfaltung der Pflanzen schafft.
WIRTSCHAFTLICHKEIT
Es wurden Gebäude mit einfachen Geometrien und wiederkehrenden Bauteilen geplant, die konsequent übereinander liegende tragende Konstruktionen und Schächte aufweisen. Durch serielles und standardisiertes Bauen sowie hohe Vorfertigung im Holzbau werden eine wirtschaftliche Errichtung und kurze Bauzeit sichergestellt. Durch Grundrisse, welche alle den Größenanforderungen der Wohnraumförderbestimmungen entsprechen, ist eine flächeneffiziente und dadurch kostengünstige Planung gegeben.
FLEXIBILITÄT DER WOHNUNGSGRÖSSEN
Die Tragstruktur ist vom Ausbau getrennt, wodurch eine Anpassbarkeit der Grundrisse gegeben ist. Durch die immer gleiche Aufteilung der Grundrisse in Servicezone (Bad, Küche und Eingangsbereiche), Schlaf- und Kinderzimmer und Wohnbereiche können diese entsprechend eines gewünschten Wohnungsmixes angepasst werden.
Die Wohnungsgrundrisse folgen einer immer gleichen Zonierung und Aufteilung der Zimmer. Nur im Bereich der Wohnzimmer wird durch Schrägen und Rundungen eine gewisse Freiheit im Grundriss erlaubt. Dadurch entstehen individuell geformte Gebäude und Räume, welche einen hohen Wiedererkennungseffekt haben, ohne das Wirtschaftlichkeitsgebot zu verletzen.
MOBILITÄTSZENTRUM (MOBY), STELLPLÄTZE
Für das Plangebiet wird ein nachhaltiges Mobilitätskonzept verfolgt. Hierzu werden in einem Mobilitätszentrum (Moby) zusätzlich zu den gemäß Stellplatzsatzung erforderlichen Stellplätzen für PKWs und Fahrräder folgende Angebote bereitgestellt: CarSharing, E-Bike-Mobilität, Elektroladeanlagen in Verbindung mit PV-Anlagen auf dem Dach, Leihräder, E-Lastenräder und eine Packstation. Dies, in Verbindung mit dem sehr guten ÖPNV-Anschluss, bietet eine gute Basis für die notwendige Verkehrsveränderung in der Zukunft.
UMNUTZBARKEIT DER STELLPLATZFLÄCHEN IM MOBY
Das Gebäude 4 ist im Bereich der Garage wie ein Regalsystem konzipiert, in welches industriell vorgefertigte, serielle und standardisierte Holz Module „eingeschoben“ werden können. Die flexible Struktur kann auf unterschiedliche Stellplatz- und/oder Wohnanforderungen eingehen, eine stufenweise Umnutzung der Garagengeschosse zu Wohnungen ist möglich.
FLÄCHENVERBRAUCH
Die Gebäude 2-4 werden jeweils durch zwei Treppenhäuser und Laubengänge erschlossen, während das Gebäude 1 als Vierspänner geplant ist. Insgesamt wird ein effizientes Verhältnis von Wohn- zu Erschließungsflächen gewährleistet. Die Untergeschosse der Neubauten befinden sich zu einem großen Teil im Bereich der Keller der Bestandsgebäude, sodass der Aufwand für den Aushub der Baugrube minimiert werden kann.
Die Versiegelung von Flächen und Verkehrswegen wird auf ein notwendiges Minimum beschränkt. Durch den Erhalt und Ausbau bestehender Grünflächen und des Baumbestandes sowie durch Dachbegrünungen und Gebäudebepflanzungen wird dem Flächenverbrauch kompensatorisch entgegengewirkt und das Mikroklima verbessert.
SCHALLSCHUTZ
Um den Schallschutz zu gewährleisten werden Schallschutz Fenstertypen nach dem Zwei-Ebenen-Prinzip geplant.
Die Fenster treten als Erker aus der Fassade hervor. Die Freisitze werden mit Schiebe-Dreh-Verglasungen versehen. Dadurch wird auch hier ein optimaler Schallschutz erreicht, darüber hinaus entstehen wetter- und windunabhängige Loggien, die auch in den Übergangszeiten nutzbar sind.
NUTZUNG ABBRUCHMATERIAL
Für die Untergeschosse und die Geschossdecken der Garage soll Recyclingbeton zum Einsatz kommen. Als Zuschlagstoff soll eine recycelte Gesteinskörnung aus dem Abriss der Betondecken des Bestands verwendet werden.
Für Stützmauern im Außenbereich, wie Trockenmauern und/oder Gabionen, soll das Abbruchmaterial nach Möglichkeit nachhaltig aus Mauerziegeln und / oder ergänzend aus den Betondecken verwendet werden.
Die Geschossdecken der Neubauten sollen als Hohlkastendecken ausgeführt werden. Um den notwendigen Schallschutz zwischen den Geschossen zu verbessern, soll recyceltes Schüttmaterial in die Zwischendecke eingebracht werden.
- Ort
Aachen | DE - Jahr
2024 - Typologie
Einzelhandel / Austellungsbauten, Wohnbauten, Städtebau - Status
nicht realisiert - Auslober
Stadt Aachen, Fachbereich Stadtentwicklung, -planung und Mobilitätsinfrastruktur - Verfahrensart
Städtebauliche Studie | Wettbewerbsverfahren - Team
Roger Christ | Julia Christ | David Lee Hunter | Desideria Aigner - In Zusammenarbeit mit
BIERBAUM.AICHELE. landschaftsarchitekten Part.GmbB, Mainz